Veränderung der Medienlandschaft

medienlandschaft01In der Regel identifiziert man Medien mit ihrem technisch-apparativen Charakter. Medien sind Trägermaterialien wie Bücher, Radioempfänger, Videokassetten oder Computer. Besonders letztere stellen den Dreh- und Angelpunkt in der Diskussion um „Neue Medien“ im Schulalltag dar, denn mit ihnen gelingt die Speicherung, Darstellung, Verarbeitung und Übertragung von Informationen. Besonders hervorgehoben werden die multimedialen Anwendungen., die mit ihrer Verknüpfung von Text, Bild, Animation und Video eine pädagogische Wunderwaffe darstellen sollen. Also: „Her mit den Computern!

Doch: Auch wenn man die Bild-Zeitung elektronisch erfasste und animierte, so erhielte man noch keine anspruchsvolle und fundierte Berichterstattung. Ebenso wenig garantieren bunte Formeln, die von einem lustigen Figur mit Sounduntermalung erklärt werden, einen Zugewinn mathematischen Verständnisses.
Der inhaltliche Aspekt des Mediums, also die Aussagen und Botschaften, die in Wechselwirkung zwischen Form und Inhalt produziert werden, ist für uns Pädagogen von zentraler Bedeutung. Denn die Inhalte gilt es in einem organisierten Lernprozess zu vermitteln.

„Form follows function"

So wie die Architekten des Bauhaus die Form dem Zweck unterzuordnen pflegten, so müssen wir Pädagogen die Medienauswahl unserer didaktischen Intention unterordnen. Anders formuliert, sollte der Medieneinsatz von der Frage, welches Medium einem bestimmten Inhalt am ehesten gerecht wird, beständig begleitet sein. Soll zum Beispiel im Fach Politik ein Gesetzentwurf analysiert werden, so wäre es kontraproduktiv, die Bundestagsdebatte auf Video zu zeigen, auch wenn diese lebensnaher als eine Zusammenfassung der Gesetzesinhalte ist. Die Debatte wäre geeignet, die Diskurse zu einem Gesetz, dass den Schüler/innen bereits bekannt ist, herauszuarbeiten, lenkt aber vom eigentlichen Inhalt des Gesetzes ab. Wird allerdings im Physikunterricht das Thema Sonnenfinsternis behandelt, so könnten textbegleitende 3D-Animationen dem Verständnis der Schüler/innen hilfreich sein.

Das Medium, das am Rhein-Gymnasium das 175. Jubiläum feiert, da es den Werdegang der Schule von Anfang an begleitete, ist uns auch heute noch das liebste Lehrmedium: Das Buch.

„Überrasche Deine Lehrer und lies ein Buch!"

BuchDas Buch ist nicht abgeschafft. Und: Es würde nicht einmal verschwinden, falls eines Tages alle Schüler/innen mit vernetzten Laptops im Unterricht säßen. Dies hat pädagogische, lernpsychologische und viele pragmatische Gründe. Stellen Sie sich vor, Sie säßen mit Laptop oder E-Book-Reader in der U-Bahn oder im Wartezimmer beim Arzt. Sie halten einen ‚Apparat' in den Händen und ‚scrollen' sich durch den Text. Zwar werden alle Sie für extrem modern halten, doch Ihr Leseerlebnis wird sich in Grenzen halten. Ihnen fehlt der Überblick über die Seiten, da Sie nur wenige Absätze überblicken. Sie stellen fest, dass Sie im Vergleich zum Buch deutlich weniger behalten und Sie die Funktionen des elektronischen Mediums bei Ihrem Roman gar nicht verwenden: Lesezeichen setzen, Texte farbig unterlegen oder Zitate in einen Textspeicher kopieren stört nur Ihren Lesegenuss. Falls Sie übrigens ein Strandurlaubsfan sind, müssen Sie sich nur das unweigerliche Zusammentreffen von Sand und Elektronik vorstellen. Und dann die anderen Formen ganz natürlicher Zusammenkünfte: Der Ranzen Ihrer Kinder mit Türrahmen, Bürgersteigen und unfreundlich gesinnten Mitschüler/innen... Die bereits im Aussterben begriffene Lehrmittelfreiheit wäre schon deshalb für elektronische Medien abgeschafft.

Das Fazit: Auch wenn es sich um ein (scheinbar) dröges, aber didaktisch aufbereitetes Mathematiklehrwerk handelt, ist das Anfassen und Lesen desselben ein sinnlicheres und lehrreicheres Erlebnis, als die Verwendung einer elektronischen Variante.

Folglich kümmern wir uns um das Medium Buch und sind den Weg des Aufbaus einer Schulbibliothek mit professioneller Ausleihe gegangen.

Das Selbstlernzentrum als Bibliothek

Homepage der BibliothekSeit Oktober dieses Jahres ist der Bücherbestand des Selbstlernzentrums elektronisch erfasst und kann sogar im Internet eingesehen werden. Verfügbar sind ca. 2500 Bücher und Materialien, die bis auf wenige Präsenzexemplare ausgeliehen werden können. Noch sind nicht alle Fachbereiche hinreichend mit Literatur versorgt, doch können bereits in Deutsch, Sozialwissenschaften, Geschichte und Mathematik viele Standardwerke, Lexika bzw. Lernhilfen gefunden werden.

Recherchieren Sie selbst im Internet unter www.rhein-gymnasium.web-opac.de und verschaffen Sie sich einen Überblick über unseren Bestand. Ihre Kinder können im Web-Opac allerdings mehr als Sie: Neben der Recherche ist es ihnen möglich, Bücher vorzubestellen und bereits geliehene Bücher zu verlängern. Lassen Sie sich ruhig von Ihren Kindern in die praktische Welt der Internetbibliothek einführen!

Die fachliche Systematik wurde an die „Allgemeine Systematik öffentlicher Bibliotheken (ASB) angelehnt. Auf den ersten Blick ist diese Systematik eine Zumutung, denn wer würde hinter „Gkl 13" Bücher zum Thema „Europäische Union" im Fachbereich Sozialwissenschaften vermuten? Wenn wir jedoch Ihre Kinder an eine wissenschaftliche Systematik gewöhnen, so können sie sich z.B. in der Stadtbibliothek besser zurecht finden.

Und wer steckt hinter der Bibliothek?

Das TeamWenn (knapp) geschätzt für das Einlesen, Einschlagen, Etikettieren und Einsortieren eines Buches ca. 10 Minuten Arbeitzeit nötig sind, kommt man alleine für diese Arbeit auf ca. 416 Stunden. Natürlich für eine Vollzeitbibliothekskraft kein Problem! Doch da wir - wie die meisten Schulen - keine solche haben, gab es nur eine Chance für das Vorhaben: Mütter haben sich der vielen Arbeit angenommen. Unter Anleitung von Frau Binczek, die bis Anfang dieses Jahres fast täglich anwesend war, konnte das Mammutvorhaben umgesetzt werden.

Die Öffnung der Selbstlernzentrums war schon im letzten Jahr ausschließlich dem Engagement der Mütter geschuldet. Das Team hält jeden Tag, in der Regel von 9.00 bis 13.00 Uhr das SLZ offen und es kann recherchiert, gelesen und ausgeliehen werden.

Zukunftspläne

Die Lehrerbibliothek wird ebenfalls in die Ausleihe integriert und die Schüler-Lesebibliothek sogar in die Räumlichkeiten des Selbstlernzentrums. Dies erfordert allerdings noch einen langen Atem, denn die Eingabe der Bücher wird trotz des phantastischen Bibliotheksprogramms kein ‚Zuckerschlecken'.

Recherche und Produktion im Selbstlernzentrum

Bislang wurde das Buch hoch gelobt. Nun ist es an der Zeit, auch das Internet zu würdigen. Dazu eine einfache Erkenntnis: Im Internet finden sich viele wertvolle Informationen. Man muss sie nur als solche zwischen all dem ‚Datenschrott' identifizieren können. Diese Fertigkeit ist eine analytische, d.h. die Schüler/innen brauchen Vorwissen, das ihnen diese Selektion ermöglicht. Wird dieses vermittelt beziehungsweise eine Vorselektion durch den Lehrenden vollzogen, dann kann sich der Unterricht in vielen Fächern verändern.

ProjekttageDurch die Öffnung des Selbstlernzentrums über den Vormittag lassen sich Projekte leichter realisieren, die von den Schüler/innen einen hohen Selbstorganisationsgrad des Lernprozesses verlangen. Es ist während Gruppenarbeitsphasen nun möglich, einzelnen Schüler/innen die Recherche im SLZ zu ermöglichen, während die anderen sich weiterhin ihren Aufgaben widmen können. Bis Anfang 2003 war es nur möglich, die gesamte Lerngruppe zu festen Zeiten im Internet recherchieren zu lassen - eine häufig unproduktive Arbeitsweise.

Didaktisch ebenfalls vielversprechend ist die Möglichkeit, ein Dossiers, einen Bericht, Ausstellungstafeln, eine Website oder Wahlplakate in Projektarbeit anfertigen zu lassen. Die technischen Möglichkeiten sind im Selbstlernzentrum vorhanden: Scanner und Farblaser sowie die notwendige Software ermöglichen produktorientierten Unterricht.

Natürlich ermöglichte die Technik auch aufwendigere Produktionen, z.B. einer CD-Rom während des Infoschul-Projektes, an dem unsere Schule teilnahm. Auch Videoschnitt konnte - auf zugegeben niedrigem Niveau - bereits durchgeführt werden. Doch die Existenz der Möglichkeiten darf nicht zum unreflektierten Einsatz führen. Vielleicht wären Sie anfänglich zufrieden, wenn Ihr Kind ein Vierteljahr lang vom „tollen" Politikunterricht schwärmt, weil dort ein Film gedreht und geschnitten wird. Wenn Sie dann den Film eines Tages sehen, könnten Sie feststellen, dass der Sehspaß nur fünf Minuten währt und die Qualität der Kameraführung deutlich amateurhaft geprägt ist. Wenn dann sogar der Inhalt des Films analytisch zweifelhaft ist, wird nur noch Ihr Kind davon überzeugt sein, dass es viel gelernt hat. Diese großen Methoden sind für längere, außerunterrichtlich verankerte Projekte sinnvoll, die natürlich auch am Rhein-Gymnasium durchgeführt werden. Nur eben nicht täglich...

Selbstständiges Lernen, nicht nur in der Oberstufe

Erstaunlich oder selbstverständlich?: Schüler/innen der Unter- und Mittelstufe kommen in 1. oder 6. Stunde in das Selbstlernzentrum und möchten arbeiten. Und tatsächlich: Diese Besucher/innen versuchen nicht zu Chatten, Online-Spiele aufzusuchen oder sinnlos zu surfen, sondern haben ein Interesse, das sie der Aufsicht gegenüber formulieren können. Informationen zu bestimmten Tieren oder Musikern zu finden oder mathematische Online-Übungen durchzuführen sind derartige Anliegen.

Das Selbstlernzentrum im neuen Look

Ein wenig im Enterprise-Stil kann sich das SLZ nach der letzten Innovation präsentieren. Mit selbst geplanten Tischen und finanzieller Unterstützung des Fördervereins konnten zwei Tischgruppen realisiert werden. Die Rechner sind in die Tische eingelassen und die Monitore leicht versenkt, damit den Schüler/innen eine face to face Kommunikation ermöglicht wird.

Technische Innovationen

Der PC, der bislang den Internetzugang regelte, wurde durch ein wahres Monstrum abgelöst: Ein alter Siemens Primergy Industrieserver wurde durch einen Schüler linuxfähig aufgerüstet und versieht nun seinen Dienst als Internet- und Fileserver im Nebenraum des Selbstlernzentrums. Natürlich muss ein Server heutzutage nicht 2,5 Meter hoch sein und einen halben Raum füllen, doch hätte ein modernes Platz- und Sicherheitswunder den Schulhaushalt sicherlich vollständig gesprengt. Und die Stadt hält sich bekanntlich als Innovator zurück...

Und wer steckt hinter der Technik?

Ein erneutes Rechenexempel: Wieder nur knapp geschätzt, braucht man durchschnittlich für die Wartung eines Rechners im Jahr 10 Stunden Arbeitszeit. Die Pflege eines Servers braucht ein Vielfaches und Innovationen sind kaum zu beziffern. Dieser Aufwand ist nur im Team mit engagierten Schülerinnen und Schülern möglich.

Conclusio: Die pädagogische Modernisierung von Schule braucht das Zusammenspiel von Lehrer/innen, Schüler/innen und Eltern. Meinen Dank für einen Einblick in die Möglichkeiten dieser Trias!

Carsten Reinhardt

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